Die Stadt Gossau hat dem Stiftsarchiv St. Gallen drei Bücher aus dem 18. Jahrhundert geschenkt. Der Gossauer Historiker Karl Schmuki hat diese Bücher der ehemaligen Fürstabtei St. Gallen bei Recherchen im Archiv der Stadt Gossau entdeckt.
Im Titelbild v.l. Karl Schmuki, Patrik Strässle (Leiter Stadtkanzlei Gossau) und Stiftsarchivar Peter Erhart. (Foto: Jakob Kuratli Hüeblin)
Die Stadt Gossau hat dem Stiftsarchiv St. Gallen drei Bände geschenkt. Diese sind dem fürstäbtischen Oberbergeramt zuzuschreiben, welches beim Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert mit der Auflösung der Fürstabtei St. Gallen untergegangen ist. Patrik Strässle, Verantwortlicher für das Archiv der Gossauer Stadtverwaltung, hat die drei Bände an Stiftsarchivar Peter Erhart und seinen Stellvertreter Jakob Kuratli Hüeblin übergeben. Das Stiftsarchiv in St. Gallen bewahrt Bücher und Dokumente der Fürstabtei St. Gallen auf. Wer sich mit der Geschichte von Gossau bis zum Ende des 18. Jahrhunderts beschäftigt, ist auf das Material im Stiftsarchiv angewiesen.
Drei historisch interessante Bände
Der Gossauer Historiker Karl Schmuki steigt regelmässig in die Archivräume der Stadt Gossau, wenn er für Publikationen zur Gossauer Geschichte recherchiert. Dabei hat er die drei eher unscheinbaren alten und leicht ramponierten Bücher entdeckt. Es handelt sich um ein Schuld-, ein Gant- und ein Gerichtsprotokoll. Alle drei Bände stehen im Zusammenhang mit dem Oberberger Amt, sozusagen der lokalen Verwaltung des Fürstabtes im Kloster St. Gallen.
Im Schuldprotokoll der Jahre 1757 bis 1795 sind auf über 350 Seiten Schuldner und Geldgeber dokumentiert. Das Buch ist wirtschafts- und lokalgeschichtlich interessant und enthält auch kulturgeschichtlich wertvolle Informationen, beispielsweise zum Torfabbau im Rüeggetschwiler Moos. Das Gantprotokoll gibt einen Überblick über die zwischen 1758 und 1796 von der Obrigkeit angeordneten Versteigerungen von Hab und Gut von nicht zahlungsfähigen Einwohnern. Die im Protokoll des Gossauer Gerichts von 1724 bis 1794 auf über 750 Seiten festgehaltenen Gerichtsfälle geben einen schillernden Einblick in das damalige Alltagsleben.
Zufällig entdeckt
Wann, weshalb und auf welchen Wegen die drei Bücher in das Archiv der Stadt Gossau gelangt sind, ist nicht bekannt. Karl Schmuki vermutet, dass dies mit den Wirrungen bei der Aufhebung der Fürstabtei St. Gallen und der Neugründung des Kantons St. Gallen zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschehen sein könnte. Für die Behörden- und Verwaltungstätigkeit der Stadt Gossau sind die drei Bücher bedeutungslos. Dem Stadtrat erscheint das Stiftsarchiv als der geeignete Aufbewahrungsort für diese drei Bände. Dort werden sie fachkundig aufbewahrt, ihr Inhalt wird erschlossen und so auch für andere Historiker zugänglich.
Einblick ins Fürstenland des 18. Jahrhunderts
Stiftsarchivar Peter Erhart ist denn auch erfreut über dieses Geschenk. „Diese drei Bücher geben uns den Blick frei auf die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im Fürstenland im 18. Jahrhundert. Zudem helfen sie uns, nach zwei Jahrhunderten wieder eine Lücke in unseren keineswegs vollständig überlieferten Beständen zu füllen“, erläutert er. Das Stiftsarchiv sei ein sogenannt totes Archiv, dessen Sammlung im Mai 1805 mit der Klosteraufhebung endet. „Unser Bestand wächst nur noch, wenn irgendwer Dokumente entdeckt, wie dies jetzt im Archiv von Gossau geschehen ist.“ Sollten auch in anderen Gemeindearchiven entsprechende „Schätze“ schlummern, sei das Stiftsarchiv sehr daran interessiert, diese zu übernehmen.