Am ausserordentlichen Parteitag der SP des Kantons St.Gallen am 15. November. wurde Laura Bucher für die Regierungswahl vom 8. März 2020 nominiert. (Bild: SP Rheintal)
Laure Bucher ist Jahrgang 1984, wohnt mit ihrem Mann und den zwei Kindern in St.Margrethen. Die promovierte Juristin ist Gerichtsschreiberin am Bundesverwaltungsgericht. Sie ist seit 2010 SP-Kantonsrätin und leitet seit 2018 die Fraktion von SP und Grünen im St.Galler Kantonsrat gemeinsam mit Bettina Surber.
Hier die Rede Laura Buchers vor den Delegierten.
Liebe Genossinnen und Genossen
Ich würde mir wünschen, dass ihr jedes Mal, wenn ihr mit dem Zug durchs Rheintal fährt, an mich denkt. Nicht weil das Rheintal wunderschön ist, die Leute dort besonders gesellig sind und einen speziell schönen Dialekt haben, sondern aus einem ganz anderen, etwas ernsthafterem Grund.
Mein Grossvater – Nonno Bruno – hat im Alter von 16 Jahren seine Geschwister, seine Eltern und sein Heimatdorf in Norditalien zurückgelassen, um in der Schweiz Geld zu verdienen. Er fand Arbeit der der SBB und hat mit seinen Kameraden, darunter viele Landsleute, als Gleisarbeiter an der Rheintallinie gebaut. Später war er Bodenleger und wurde Schichtführer. Auch meine Grossmutter wanderte mit 19 Jahren in die Schweiz aus und arbeitete in einer Ostschweizer Textilfabrik.
Kampf gegen Vorurteile und Diskriminierung
Die Italienische Seite meiner Familie war lange Zeit Vorurteilen und Diskriminierung ausgesetzt. Meiner hier geborenen Mutter war es wegen ihrer italienischen Herkunft verwehrt, die KV-Lehre auf der Bank oder bei der Post zu absolvieren. Nicht nur darum gaben meine Grosseltern alles dafür, Teil der Schweiz zu werden und wendeten einen grossen Teil ihres Vermögens für die Einbürgerung auf.
Meine Grosseltern haben ihr Leben lang sehr hart gearbeitet, um die gleichen Chancen zu haben wie die Menschen, die hier geboren wurden. Sie und meine Eltern lebten uns Fleiss, Zuversicht und Verlässlichkeit vor.
Teilhabe an Entscheidungen über die Zukunft und am Wohlstand – für alle
Diese Familiengeschichte ist einer der Gründe, weshalb ich mich politisch zu engagieren begann. Gleiche Chancen und gleiche Rechte für alle sind mir ein wichtiges Anliegen. Es geht mir um Teilhabe: Die Menschen im Kanton St.Gallen müssen an den Entscheidungen über ihre Zukunft und am gesellschaftlichen Wohlstand teilhaben.
Doch der wirtschaftliche Konkurrenzkampf setzt immer mehr Angestellte und Gewerbler unter Druck. Steigende Krankenkassenprämien oder die Angst vieler über 55-Jährigen vor einer Kündigung, ein extremer Leistungsdruck im Studium, Schwierigkeiten beim Einstieg ins Berufsleben, die Empörung über die Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau, das Unbehagen angesichts der spürbaren Folgen des Klimawandels – das sind die Ängste, die die Menschen bewegen.
Ich spüre, dass der gesellschaftliche Wandel immer weniger als eine Chance für eine gerechtere Gesellschaft oder eine nachhaltige Wirtschaft wahrgenommen wird, sondern als eine Bedrohung. Die Chancengleichheit und die Freiheiten geraten zunehmend in Gefahr. Auch weil die Politik ihre Gestaltungsmöglichkeiten nicht nutzt. Der Kanton St.Gallen hat jahrelang bei den Prämienverbilligungen gespart und die Ergänzungsleistungen gekürzt. Nur wenig ist passiert für gleiche Löhne für Männer und Frauen und gute Arbeitsbedingungen für alle. Menschen mit Migrationshintergrund und Minderheiten werden noch immer stigmatisiert. Zur Eindämmung der Klimaerwärmung werden keine griffigen Massnahmen getroffen.
Eine andere Politik ist möglich – und nötig
Ich möchte mich für eine andere Politik einsetzen. Ich wehre mich dagegen, dass Steuererleichterungen auf die sozial Schwächsten abgewälzt werden und beim Service Public gespart wird. Als berufstätige Mutter setze ich mich für die Verbesserung der ausserfamiliären Betreuung von Kindern ein, im Rheintal haben wir, die SP Rheintal, darum eine Kita-Offensive gestartet.
Ich wünsche mir, dass ihr jedes Mal, wenn ihr mit dem Zug durchs Rheintal fährt, an unsere gemeinsamen Werte denkt: an Gerechtigkeit, Solidarität, Gleichheit, Freiheit. Mit dem politischen Kampf der Sozialdemokratischen Partei in den zurückliegenden Jahrzehnten haben wir tausenden von Arbeiterinnen und Arbeitern würdige Arbeitsbedingungen und einen guten Lohn ermöglicht. Wir haben Einwanderern und Einwanderinnen vor Diskriminierung geschützt. Wir haben den Kindern Zukunftsperspektiven ermöglicht. Und wir haben den Älteren in unserer Gesellschaft eine gute AHV erkämpft.
Chancen, Solidarität, Gerechtigkeit
Meine Kandidatur ist ein Aufruf dafür, dass wir unsere Gesellschaft weiterentwickeln. Wir müssen die Zukunft wieder als eine Chance, als etwas Gutes begreifen. Dazu braucht es in der Regierung Personen mit dem Willen, diesen Wandel gerecht zu gestalten. Die Menschen müssen auf ihre Chancen, die Solidarität und die Gerechtigkeit vertrauen können. Sie müssen darauf vertrauen können, dass sie ihre Chancen und Möglichkeiten nutzen können, dass wir solidarisch miteinander umgehen und gerecht behandelt werden. Meine Familiengeschichte ist dafür eine Richtschnur. Ich möchte mit meiner Kandidatur daran erinnern, wie wichtig es ist, die Türen für alle offen zu halten. Ich möchte mit Zuversicht für eine gute Zukunft kämpfen.